Good Design vs. Minimal Art
Die künstlerische Auseinandersetzung mit der Ästhetik des industriellen Designs fordert schon seit den Anfängen dieser Disziplin im 19. Jahrhundert immer wieder hitzige Diskussionen über Abgrenzungen und Annäherungen heraus. Das industriell hergestellte und gestaltete Ding spielt in der Kunst des 20. Jahrhunderts nicht nur eine Nebenrolle, sondern hat immer wieder grundlegende Fragen zur gesellschalichen und ökonomischen Stellung von Kunst und ihren Re-Präsentationen provoziert. Im Namen der Kunstkritik, der institutionellen Kritik und einer Kritik der Avantgarde wurden in der zweiten Häle des 20. Jahrhunderts viele ideologische Grabenkämpfe um das Territorium des Designs geführt – ging es doch hier um eine besonders enge Komplizenscha zwischen Lebenswelt, industrieller Ökonomie und Gestaltung. Um zu zeigen, was nicht Kunst ist, verwies man auf Design und umgekehrt. „Behind the expected, self-cancelling emblems of the furthest-out, almost every work of Minimal Art I have seen reveals in experience a more or less conventional sensibility. […] I nd myself back in the realm of Good Design, where Pop, Op and Assemblage, and the rest of Novelty Art live“[1], so die Kritik Clement Greenbergs an der Minimal-Art der 1960er Jahre.
Die Antwort aus den Reihen der Künstler kam umgehend und sollte den Vorwurf von Greenberg, der sich auf die kanonbildende „Good-Design“-Ausstellungsreihe des Museum of Modern Art zwischen 1950 und 1955 bezog, noch übertreen: Donald Judd lud ab 1968 in seinen Privaträumen regelmässig zu gemeinsamen Präsentationen seiner Skulpturen und Möbel ein. Ausserdem kritisierte er in einem lakonisch als „Beschwerde“ betitelten Artikel in der Zeitschrift “Studio International”[2] die Unfähigkeit Greenbergs, individuelle künstlerische Qualitäten jenseits medienwirksamer Gruppenbezeichnungen wie „Minimal Art“ überhaupt noch wahrzunehmen. Darüber hinaus begann Judd in den 1970er Jahren tatsächlich, Stühle, Tische und Regale herzustellen und zu verkaufen. Die Atmosphäre seines umgebauten Los kombinierte die distanzierenden Qualitäten eines modernen White Cube mit dem Persönlichen der selbst hergestellten Einrichtungsgegenstände. Den Vorwurf, „Good Design“ zu produzieren, wandelte der Künstler gleichsam in eine räumliche Grenzsituation zwischen seiner Kunst- und Designproduktion um und knüpe auf diese Weise an die Konventionen der Warenpräsentation industriellen Designs, an dessen repräsentativen Ausstellungscharakter im bürgerlichen Haushalt und ebenso an den White-Cube-Standard moderner Kunst an, um den an allen Rändern „ausfransenden“ Werkbegri der Kunst mit Hilfe des Designs räumlich weiter zu entwickeln. Dabei entstand eine Installation, die den Atmosphären von heutigen „Concept-Stores“ schon ziemlich nahe gekommen sein muss. Die möglichen Konikte zwischen Einrichtung, Kunstobjekt und den Rollen von Gastgeber und Gästen – bzw. den Konventionen des Benutzens oder Betrachtens – löste Judd dadurch keineswegs auf, ebensowenig wie seine Position als Künstler. Im Gegenteil: Einerseits hielt Judd an einer Dierenzierung zwischen den Design- und Kunstkontexten seiner Produktion fest, anderseits spitzte er die Probleme durch Ausstellungen in der Lebenswelt seines Los zu.
Jenes kunstkritische Urteil, das die Minimal Art in Gelde des „Good Design“ verbannte, bewertete die Rolle des industriellen Designs für die Kunst in zweifacher Hinsicht:
[WORK IN PROGRESS]
sources Erschienen in: Huber, Meltzer, Munder, von Oppeln (Hgg.), It`s not a Garden Table – Kunst und Design im erweiterten Feld, JRP-Ringier, Zürich 2011